Therapiehunde - Ein Einblick in ihren Arbeitsalltag
Hunderatgeber Lifestyle
Nicht nur vor der Kamera auf Instagram machen Pebbles, Frieda und Ninchi eine super Figur: Als Therapiehunde unterstützen sie ihr Frauchen Philomela, ihres Zeichens Fotografin und Psychologin, bei der täglichen Arbeit mit Kinder und Jugendlichen. Wie genau ihr Einsatz auf vier Pfoten aussieht, erzählt uns die Brandenburgerin in diesem spannenden Artikel.

Was genau macht einen Therapiehund aus?
Ich arbeite als Psychologin an Schulen und Kindergärten und setze dazu seit 9 Jahren Therapiehunde ein. Aber was genau macht eine Therapiehund? Ein Therapiehund wird von einer therapeutisch geschulten Person (Psychologe, Arzt, Sozialarbeiter, Psychotherapeut oder ähnlichem) eingesetzt, um ein vorher definiertes therapeutisches Ziel zu erreichen. Dieses Ziel wird im Idealfall mit dem Klienten erarbeitet oder von außen (in meinem Fall von den Lehrern oder Eltern) vorgegeben. Alles, was ich mit dem Hund also mache, soll auf dieses Ziel hinführen.
Ein Therapiebegleithund hingegen wird zwar von therapeutischem Personal geführt, ist aber nicht alleiniger Inhalt der Therapie, sondern wird nur unterstützend dazu geholt. Im Gegensatz dazu unterscheidet man Besuchshunde, die zwar ausgebildet werden, aber auch von nicht-therapeutischem Personal ehrenamtlich geführt werden können. Vielleicht sind Dir in Deinem Alltag auch schon Behindertenbegleithunde wie Blindenhunde, Diabeteswarnhunde oder Epilepsiewarnhunde begegnet, die von dem Menschen geführt werden, der die Hilfe des Hundes benötigt.


Ich setze 5 Hunde ein, mit verschieder Größe, Alter und Charakter. So kann ich immer den best geeignetsten Hund für das entsprechende Kind oder die entsprechende Gruppe auswählen. Der best geeignetste Hund ist hier der, der das Kind am ehesten auf seinem Weg zur Lösung des Problems oder der Problematik unterstützt. Zum Beispiel ist es nicht sinnvoll, einem Kind, das Probleme hat, seine Impulse zu kontrollieren und dabei laut oder aufdringlich wird, einen Hund zu geben, der nicht mit der Wimper zuckt, sondern lieber einen, der sich dann zurückzieht und nicht mehr mit dem Kind arbeiten möchte. So kann das Kind lernen, sich besser zu kontrollieren, weil es ja mit dem Hund arbeiten möchte.
Ich arbeite mit 4 Mini Australian Shepherds und einem Sheltie zwischen 2 und 11 Jahren. Jeder Hund hat einen anderen Charakter. Die älteste ist sehr ruhig und verschmust und arbeitet deshalb im Krippenbereich. Die Sheltiedame ist eher vorsichtig und unsicher und ist gut für ungeduldige Kinder geeignet, weil sie selbst so ist. Die anderen drei lieben Streicheleinheiten und Arbeitseinheiten gleichermaßen und brauchen Kinder, die konsequent sind und ihnen die Grenzen aufzeigen. Die Ausbildung jedes Hundes dauert ca. 2 Jahre und wird von Hundetrainern begleitet. Wichtig ist immer, dass der Hund Spaß an der Arbeit hat und keinen Stress verspürt. Er soll gerne zur Arbeit kommen und wenn er nicht an der Reihe ist, gut abschalten können. Während der Ausbildung sollte es vor allem um das Wohlergehen der Hunde gehen.
So kann ein Therapiehund einem Kind mit ADHS helfen
Ich möchte zur Erklärung einmal beispielhaft auf die Arbeit mit einem Kind mit diagnosizierter ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivitätsstörung) eingehen. Das Therapieziel ist hier die Verringerung der Symptome. Diese sind zusammengefasst eine Aufmerksamkeitsstörung, eine verringerte Ausdauer, eine Impulskontrollstörung und Hyperaktivität. Was für verschiedene Übungen kann man für diese Symptome einsetzen?
• Aufmerksamkeit: Dieses Symptom wird eigentlich die ganze Stunde über bearbeitet. Meine Hunde sind gut darin, durch Anstupsen oder willkürliche Tricks die Aufmerksamkeit der Kinder zurückzuholen. Dabei handeln sie selbstständig und sobald sie merken, dass das Kind abgelenkt ist. Aber auch ich motiviere die Kinder, sich wieder der Aufgabe zu widmen - entweder mit Stimme oder indem ich etwas vormache.
• Verringerte Ausdauer: Es ist sinnvoll, am Anfang viele kleine Übungen zu machen und die Übungen dann von Stunde zu Stunde länger werden zu lassen. Außerdem kann man Rituale, die in jeder Stunde dran sind, als Übungen einsetzen, solange bis sie selbstverständlich sind. Sowas ist bei mir „Hallo“ und „Tschüss“ sagen oder auch einen Keks aus dem Leckerlibeutel zu nehmen.

• Impulskontrollstörung: Hier ist die einfachste Übung, dem Kind zu sagen, dass es einen Keks aus dem Beutel holen soll. Ein Kind mit einer Impulskontrollstörung wird am Anfang mehrere Kekse rausholen oder sogar den Beutel ausleeren. Hier ist es wichtig, dass der Hund dann die Kekse nicht annimmt, bis das Kind es geschafft hat, genau die vorgegebene Anzahl der Kekse aus dem Beutel zu holen. So geht jede andere Aktion ins Leere und da das Kind ein großes Bedürfnis hat, dem Hund einen Keks zu geben, wird es sich bemühen, die Aufgaben richtig zu erfüllen.<br> Des Weiteren mache ich mit diesen Kindern oft Freeshaping. Das bedeutet, der Hund probiert etwas aus und das Kind muss die richtigen Schritte dahin belohnen und seine Impulse unterdrücken, alles andere ebenfalls zu belohnen. Außerdem kann ein kleineres Kind Kekse verstecken und zuschauen, wie der Hund sucht, ohne zu helfen. Auch einfache Tricks durchführen und richtig Belohnen ist eine gute Übung für die Impulskontrolle.
• Hyperaktivität: Meistens ist die Arbeit an diesem Symptom nicht notwendig, da die Kinder in Interaktion mit den Hunden deutlich entspannter sind als im Alltag. Dazu gibt es auch physiologische Studien, die belegen, dass eine einfache Anwesenheit eines Hundes schon den Blutdruck senkt.

Wie kann das Gelernte auf den Alltag übertragen werden?
Bei den jüngeren Kindern ist das tatsächlich nicht notwendig. Sie schaffen es selbstständig, die Lernerfahrungen auf schulische oder soziale Situationen zu übertragen, ohne, dass man sie genau berschrieben hätte. Bei Jugendlichen hilft es, die Situationen des Alltags, mit denen sie Schwieirigkeiten haben, anzusprechen und dann darauf hinzuweisen, dass sie genau diese Dinge mit dem Hund sehr gut können. Dann kann man daran arbeiten, dass Glaubenssätze, die Jugendliche von sich haben, wie zum Beispiel: „Ich bin ein Hibbelkopf und kann mich eben nicht konzentrieren“ durch neue Lernerfahrungen und neue Glaubenssätze wie „Wenn mich etwas interessiert, kann ich mich sehr gut konzentrieren!“ zu übertragen.



